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Colorgrading in Color.io

Wer, wie ich, seine Fotos in Adobe Lightroom bearbeitet, hat damit, wie ich meine ein sehr gutes Programm, das hervorragende Möglichkeiten bietet. Im Netz gibt es eine unüberschaubarere Anzahl an Presets, die man auf seine Fotos anwenden kann, darunter allerdings eine überschaubare Anzahl an wirklich guten Voreinstellungen. Stellvertretend für diese Gattung seien die Classic Presets von André Duhme genannt. Weiterhin gibt es einige gute YouTube Videos, die das erstellen eigener Looks und Presets für Lightroom sehr gut erklären.

Mit Lightroom kann man bei der Entwicklung eine Menge anstellen. Man muss jedoch wissen, welche Parameter man bedienen muss, um das gewünschte Ergebnis zu erreichen. Was ist ein Weißabgleich, was bewirkt die Tönung, was ist der Unterschied zwischen Dynamik und Sättigung? Wie gehe ich mit den Gradationskurven um, insbesondere in den Farbbereichen Rot, Grün und Blau? Was passiert mit im Farbmixer? Wo ist der Unterschied zum Color Grading Tool? Benutzt man Lightroom Classic, hat man es gar noch mit einer Kamerakalbrierung zu tun, die in das Farbspektrum eingreift. Für mich eines der wirkungsvollsten Werkzeuge; ein Tutorial, was man da sinnvolles mit anstellen kann, gibt es hier.

Hier setzt die Anwendung Color.io an. Es handelt sich um eine Web-App, die betriebssystemunabhängig auf allen gängigen Geräten läuft. Es handelt sich um ein Programm, welches RAW-Dateien entwickeln kann und welches 3D-Luts erstellen kann, die in allen gängigen Video-Editoren verwendet werden können. Darüber hinaus lassen sich auch Profile für Lightroom und Camera-Raw von Adobe erstellen, die uns dorthin bringen, wo wir hin wollen. Eigene Profile für die Entwicklung der eigenen Fotos erstellen. Das kann man natürlich auch in Photoshop bewerkstelligen oder man kann DaVinci Resolve an den Start bringen. Hier wie dort ist die Lernkurve jedoch enorm steil und man kommt lange nicht so schnell ans Ziel wie bei Color.io.

Der Ansatz von Color.io ist hier meiner Ansicht nach deutlich intuitiver als in Adobe Lightroom, was auf das exzellente User-Interface zurückzuführen ist. Das Werkezug hat bereits eine solide Basis von über 150.000 Benutzer, die stetig wächst. Das Programm existiert bereits in der Version 2.xx, eine Beta der Version 3 läßt sich ebenfalls bereits testen. Der Entwickler Jonathan Ochmann aus dem sauerländischen Meschede reagiert zügig auf Benutzerwünsche und Verbesserungsvorschläge und versucht diese umgehend umzusetzen, was sich in der Historie des Programms ablesen läßt. Um hier ein Gefühl zu bekommen, kann man die Anwendung unbegrenzt testen. Lediglich der Export von LUTs und Profilen für Adobe verlangt nach einer kostenpflichtigen Registrierung, die meines Wissens nach bei €129,- für eine dauerhafte Nutzung liegt. darüber hinaus wird auch ein Abo-Model angeboten.

Die Regler lassen sich intuitiv bedienen und zu jedem Regler gibt es eine Hilfsfunktion. Weiterhin gibt es jede Menge Voreinstellungen, die man sofort auf seine Fotos anwenden kann. Der Name Kodak Vision in den Presetnamen zeigen, wohin die Reise geht. Es handelt sich hier analoge Filme von Kodak, die heute immer noch in Verwendung sind (z.B. La la Land aus 2016). Selbstverständlich kann man diese auch auf Fotos anwenden, um einen Hollywood Blockbuster Look zu erzielen. Sucht man hier nach gleichwertigen Presets für Lightroom, wird man hier und da fündig, jedoch haben diese mit den Kodak Vision Filmen allerhöchstens den Namen gemein. Lädt man die oben genannten Presets in ein Foto, beispielsweise den Kodak Vision 3 50D 5203, ist man zunächst vom Ergebnis fasziniert und kann auch einfach in Erfahrung bringen, was welche Regler bewirken. So kann man die Farbdichte für einzelne Farbbereice einstellen und die Sättigung für bestimmte Helligkeitsbereiche. Das ist in Lightroom so nicht möglich.

Weiterhin gibt es auch die Möglichkeit, ein realistisches Filmrauschen hinzuzufügen, und das auch in Farbe, nicht nur in Schwarz-Weiß wie in Lightroom. Es läßt sich sogar Halation, ein fotografischer Effekt, der bei Filmaufnahmen auftritt, wenn Licht von der Filmemulsion reflektiert wird und einen weichen Leuchten oder Halo um helle Bereiche des Bildes erzeugt, hinzufügen. Ein typisches Merkmal der Cinestill-Filme. Leider lassen sich diese Einstellungen nicht in eine LUT oder ein Profil speichern, jedoch mit den bearbeiteten Bilddateien.

Leider lassen sich in Color.io nicht, wie in Lightroom, mehrere Bilder auf einmal bearbeiten, man muss jedes gewünschte Bild einzeln auswählen. Die Preset-Verwaltung ist noch etwas holprig, eine getroffene Bearbeitung läßt sich lediglich speichern und in einem neuen Bild wieder laden. Eine Foto-Verwaltung wie in Lightroom sucht man hier komplett vergebens, was auch nicht das Ziel des Programmes ist. Persönlich läßt sich das verschmerzen, da ich das Programm in der Regel nutze um einen bestimmten Look zu erstellen, den ich als Profil in Lightroom einsetze. Es ersetzt also nicht Lightroom, es „erweitert“ es meiner Ansicht nach in genialer Art und Weise.

Abschließend möchte ich Dir noch zwei Beispiel zeigen. Die jeweils linke Bildhälfte zeigt das Foto lediglich mit der automatischen Bearbeitung von Lightroom. Die rechte Hälfte des ersten Bildes verwendet in Profil aus Color.io, das den Kodak Vision 3 50D 5203 nachbildet. Die rechte Hälfte des zweiten Bildes verwendet das Profil Kodak Vision 3 250D 5207. An allen Bearbeitungen wurden nach Verwendung der entsprechenden Profile keine weitere manuelle Bearbeitung vorgenommen. Das Standard-Farbprofil von Adobe ist sehr kontrastreich, bei den eigenen Profilen wirkt sich eine nachfolgende Bearbeitung daher anders aus als bei genanntem Standard-Profil. Ich komme damit deutlich besser klar, da meiner Meinung nach Schatten und Lichter der Fotos eindeutig besser in den Griff zu bekommen sind. Die Farben wirken durchaus kräftiger und nicht so knallig wie mit einem Standard-Adobe-Profil.

links Original mit Auto-Bearbeitung, rechts Kodak Vision 3 50D 5203 Profil
links Original mit Auto-Bearbeitung, rechts Kodak Vision 3 250D 5207 Profil

Es ist mit Color.io sehr einfach, unter Berücksichtigung einiger filmspezifischer Kenntnisse für bestimmte Licht- und Farbsituationen eigen Profile zu erstellen. Insbesondere gilt das für die Filmemulationen, die auf Kunstlicht beruhen, wie beispielsweise der Kodak Vision 3 500T 5219. Hier habe ich mir beispielsweise Profile für Fotos bei Kunstlicht (3200 Kelvin) und für schlechte Lichtsituationen bei Taglicht erstellt. Lädt man dann die in Lightroom entwickelten Fotos unter Berücksichtigung der eigens erstellten Profile erneut in Color.io kann man hier mit dem Halation-Tool ein wunderbares Leuchten in die hellen Bildbereiche (Laternen, Autolichter, etc.) hineinzaubern.


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