Was kommt nach dem Tunnel?
Am Ende des Tunnels kommt meistens wieder Licht.
Wir alle hoffen momentan, dass der Tunnel, durch den wir seit Mitte März auf Grund des Corona-Virus gehen, bald ein Ende hat und wir wieder zu Normalität zurückkehren können.
Das Ende des Tunnels wird in diesen Tagen oft herbeigeredet, wirtschaftliche Interessen werden den Gesundheitsinteressen der Bevölkerung gegenübergestellt, was sich meiner Meinung nach verbietet. Momentan jonglieren wir noch mit Tischtennisbällen rund um das Corona-Virus, doch zum derzeitigem sollten wir es unterlassen, die Tischtennisbälle gegen Sägeblätter zu tauschen, sprich: Es bleibt gefährlich, womöglich mit unabsehbaren Folgen.
Da ist es auch nicht sonderlich hilfreich zu sagen, dass die meisten Toten bereits eine Vorerkrankung hatten. Ja nee, iss klar, iss ja nicht so schlimm …
Wir haben im Bekanntenkreis eine junge Frau, die mit 38 Jahren heftigst an Krebs erkrankte und die eine ebenso heftige Chemotherapie hinter sich brachte, die keine Schlittenfahrt war und die Dich auch nicht widerstandsfähiger macht.
OK, … Vorerkrankung, Pech gehabt … – so schwarz kann kein Humor sein.
Aber wehe einer nimmt das böse Wort Triage in den Mund!
Doch was ist die vielbeschworene “Normalität”, in die alle wieder zurück wollen?
Verstopfte Strassen und öffentliche Verkehrsmittel?
Dichtes Gedränge in Einkaufszentren?
Leute, die Dir im Supermarkt mit dem Einkaufswagen in die Hacken fahren?
Einkauf als Familienausflug, inclusive Supermarkt als Spielplatz?
An überfüllten Flugschaltern auf den Beginn der Pauschalreise warten?
Die Liste ließe sich wohl beliebig fortsetzen. Dabei lohnt es wirklich einmal darüber nachzudenken, was uns die momentane Situation an Chancen bietet, die wir ohne diese gar nicht erkannt hätten oder wahrhaben wollen.
Homeoffice
Das Homeoffice, also das Büro zu Hause ist momentan in aller Munde – alle wollen von zu Hause aus arbeiten.
Die Idee ist gar nicht so dumm, wir praktizieren das bei uns auch in Teilen der Firma. Meine Abteilung besteht aus vier Kollegen, die im Büro Arbeiten. Ein Kollege macht Homeoffice, da er auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen ist, was in dieser Zeit ein Risiko darstellt. In Zahlen ausgedrückt: 25% einer Abteilung macht Homeoffice. Unter uns vier Kollegen läßt sich das durchaus praktikabel in der Zukunft so organisieren.
In Büros mit überwiegend administrativen Tätigkeiten sollte das also kein Problem darstellen.
Die Folge: theoretisch 25% weniger Menschen, die täglich unterwegs sind. Anstatt, wie bei uns in NRW üblich, 300km Stau pro Tag also “nur” 225 km Gedränge.
Auch muss man nicht nach New York, Rio, Tokyo zu einem Meeting fliegen; das kann man, wie die Praxis zeigt, durchaus mit Skype, FaceTime oder ähnlichem Gedöns bewerkstelligen.
Wäre zu überlegen …
Digitales Lernen
Warum muss ein Kind/Jugendlicher tagtäglich in die Schule/Universität gehen? Lernen kann man auch zu Hause in seiner gewohnten Umgebung. Nur 2 von 5 Tagen in der Woche zu Hause lernen hätte ganz erhebliche Folgen für den Straßenverkehr, bzw. die öffentlichen Verkehrsmittel.
Natürlich geht das nicht pauschal, schließlich muss auch an die häusliche Betreuung der Kinder gedacht werden. In Konjunktion mit dem Home-Office der Eltern ergeben sich Möglichkeiten. Diese Möglichkeit sollte freiwillig sein; es gibt Eltern, die können kein Home-Office machen oder für eine entsprechende Betreuung der Kinder sorgen. Schulpflicht sollte nicht bedeuten, dass man jeden Tag in die Schule gehen muss.
Vorausgesetzt ist jedoch eine entsprechende Netzinfrastruktur, die das Lernen am Rechner/Tablet zu Hause erlaubt. Davon sind wir jedoch noch ein Stück entfernt. Der Ausbau der Netze und das Aufgeben alter Denkmuster zum Unterricht wären dazu dringend erforderlich!
Wäre zu überlegen …
Reisen
Die Freiheit, hinzugehen, hinzufahren oder hinzufliegen, wohin man möchte ist ein hohes Gut und darf keinesfalls zu Debatte stehen.
Es gilt jedoch einmal zu überlegen, wo ich meinen Urlaub verbringen kann/möchte. Zur Zeit ist es nicht möglich, selbst im eigenen Land in einer Ferienunterkunft unterzukommen, da diese schlicht und ergreifend geschlossen sind. Das einzige, was man noch machen kann, ist sich in seiner Umgebung aufzuhalten.
Das ist jedoch auch eine Chance, die nahe Umgebung kennenzulernen!
Für uns gesprochen bedeutet das, dass wir uns für mein Auto einen Fahrradträger zugelegt haben, den man auf der Anhängerkupplung in wenigen Handgriffen montieren kann. Damit ist man mobil und kann Radstrecken erreichen, die man ohne Auto nicht entdecken würde. Für uns als passionierte Radfahrer ein wirklich adäquater Urlaubsersatz. So entdeckt man Kleinode in der nahen Umgebung, von deren Existenz man nicht einmal etwas geahnt hätte. Das Gute liegt oft näher, als man glaubt und bietet einem die Chance darüber nachzudenken, wie man seine Freizeit, bzw. seinen Urlaub gestalten kann. Und wenn Du dann noch eine Papiertüte hast, auf der Heimatshopper steht, dann bist Du ganz weit vorne!
Wäre zu überlegen …
Autokino
In meiner Jugend gab es zwischen Ratingen und Essen ein Autokino.
Das war ein Erlebnis! Rauf auf die Autobahn, Hungry Heart vom Springsteen läuft, tolle Filme gucken, Popcorn essen, Cola trinken, ein Tête à Tête mit der Freundin, und so weiter und sofort. Man war für sich und doch nicht allein.
Doch irgendwann gab es tolle Multiplex-Burgen mit mehr Kinos als man Finger an der Hand hat und alle fanden es geil. Ins Autokino wollte keiner mehr..
Nun fordert die Corona-Krise auch hier ihren Tribut. Das Multiplex-Kino des Vertrauens hat nämlich die Zugbrücken hochgezogen.
Die Stadt Willich hat sich jedoch der glorreichen Zeit erinnert und auf dem Schützenplatz ein Autokino eingerichtet. Der Ton kommt einfach via UKW-Radio in die Kutsche, Karten gibt’s nur online und Popcorn und Cola gibt’s leider auch nicht – kann man aber selbst mitbringen. DAS ist Ideenreichtum! Hoffentlich überdauert diese Idee den Sommer.
“Everybody’s got a Hungry Heart…”
Wäre zu überlegen …
Einkaufen
Wer ärgert sich nicht über lange Schlangen an Supermarkt-Kassen, dichtes Gedränge zwischen den Regalen und Kinder, die den Unterschied zwischen Supermarkt und Spielplatz nicht kennen?
Was spricht dagegen, den Zugang zu Geschäften zu regeln? Nicht nur aus hygienischen Gründen, sondern vor allem deshalb, weil es viel entspannender ist!
Was spricht dagegen, dass Einkaufswagen auch weiterhin nach dem Gebrauch desinfiziert werden?
Es müssen dabei keinerlei Freiheiten aufgegeben werden, aber eventuell einmal ein paar Regeln überdacht werden. Ich würde mich in einem Geschäft, gleicher welcher Art, das diese Maßnahmen praktiziert, durchaus wohler fühlen.
Wäre zu überlegen …
Onlinehandel
Das ist ein ganz heikles Thema! Natürlich möchte jeder das, was er kauft, auch gerne sehen, probieren, anfassen. Ich würde bei weitem nicht alles online kaufen, bestimmte Dinge erwerbe ich grundsätzlich nur im Fachhandel (meine Fotoausrüstung).
In der momentanen Situation ist festzustellen, dass immer mehr Restaurants und Geschäfte einen Lieferservice anbieten, von denen man das zuvor nicht erwartet hätte.
Warum muß ich beispielsweise für jeden Sack Kartoffeln oder jede Tüte Chips in den Supermarkt fahren? Warum kann man keinen Lieferservice in Anspruch nehmen, der einem das ganze Gereffel nach Hause bringt. Dadurch würden viele der oben genannten Punkte deutlich entspannter.
Online-Bestellungen müssten dann jedoch so einfach sein, wie beispielsweise bei Amazon. Derartige Möglichkeiten sehe ich bei Supermärkten beispielsweise noch nicht.
Umgekehrt ist zu überlegen, ob ich mir jede einzelne Briefmarke oder Druckerpatronen bis an die Haustür liefern lassen muss. Dazu kann es Abholstationen geben, wie es vereinzelt schon praktiziert wird. Das Kleinzeug kann man sich ohne weiteres auf dem Weg von der Arbeit nach Hause abholen (wenn man kein Homeoffice macht …).
Wäre zu überlegen …
Systemrelevante Berufe
Das wird wahrscheinlich das Wort des Jahres 2020 werden.
Im Grunde ist jeder Beruf systemrelevant. Das Problem ist nur, dass einige fürstlich bezahlt werden und andere nicht dazu geeignet sind, überhaupt den Lebensunterhalt zu finanzieren.
Dazu gehören beispielsweise Pflegepersonal, Reinigungskräfte, Verkäufer/innen und LKW-Fahrer. Da hilft es auch nichts, dass es in Deutschland einen gesetzlichen Mindestlohn gibt.
Die Corona-Krise führt uns vor Augen, wie wichtig insbesondere diese Menschen sind (“halten den Laden am Laufen” – noch ein Wort für die Phrasenkiste).
Ich wünsche mir qualifiziertes und motiviertes Pflegepersonal, wenn ich es einmal brauche. Dabei spielt es keine Rolle, aus welchem Land das Personal kommt! Ich möchte Verkaufspersonal, dass sich mit seiner Ware identifiziert und mich fachlich fundiert beraten kann. Ich möchte, dass die Menschen, die unsere Waren transportieren, dafür geachtet werden, dass sie tagelang nicht zu Hause sind und im Sommer wie im Winter in einer engen Fahrerkabine leben müssen.
Brauchen wir irrwitzig hohe Boni für Manager (die das Gegenteil, den Malus überhaupt nicht kennen), brauchen wir wirklich ein 13.Monatsgehalt, Urlaubsgeld oder Weihnachtsgeld? Oder verzichten wir nur zu einem kleinen Teil darauf, um oben genannte Personengruppe nur ein wenig gerechter zu entlohnen?
Wäre zu überlegen …
Jede Krise bietet immer eine Chance. Es ist nicht dienlich, plötzlich andere oder verschärfte Regeln zu begroßschautzen oder Angst zu haben, dass wir in einer Diktatur stalinistischen Ausmaßes landen werden.
Die momentanen Regeln schützen jeden Einzelnen von uns, egal ob jung oder alt, krank oder gesund, schwarz oder weiß, Jude, Christ oder Moslem. Es darf keiner Unterscheiden geben.
Dienlich für alle ist es jedoch, einfach einmal ein paar Gedanken daran zu verschwenden, wie es nach der Corona-Krise im täglichen Leben weitergeht.
Dazu ist es gut, dass es ein breite öffentliche Diskussion gibt, die auch diejenigen identifiziert, die aus dieser Krise einfach nur Kapital schlagen wollen; siehe Adidas oder Galeria (Kaufhof), die meinten, sie brauchen plötzlich keine Miete für ihre Ladenlokale abzudrücken. Im Falle Galeria besonders pikant, da die meisten Immobilien einer firmeneigenen Holding gehören (kann man sich nicht ausdenken).
Am Ende des Tunnels wird nicht derjenige weit vorne sein, der den meisten Profit aus der Krise geschlagen hat, sondern derjenige, der mit den innovativsten Ideen um die Ecke gebogen kommt, die uns weiterbringen.