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Lineare Profile in Lightroom

Was zum Geier sind denn nun wieder „lineare Profile“? Ist das jetzt ein neuer Trick, um bei Tinder bessere Matches zu erhalten?

Gewiß nicht, ich bin in der komfortablen Situation, Tinder nicht benutzen zu müssen. Lieber bin ich mit meiner besseren Hälfte unterwegs, fotografiere viel und danach hat sie Ruhe vor mir, da ich meine Fotos „entwickle“.

Bei einer Digital-Kamera, gibt es, wie im echten Leben auch, zwei Möglichkeiten. Du stellst die Kamera so ein, dass sie Dir ein fertiges *.jpg, also JPEG erstellt. Das ist ein fertig entwickeltes Bild, das Du sofort von der Kamera in Deinen Facebook-, Instagram-, oder sonstwas-Stuhlkreis posten kannst. Die zweite Möglichkeit ist, im Rohdatenformat zu fotografieren. Die Datenmenge ist erheblich größer und Du brauchst einen sog. RAW-Konverter. In meinem Fall ist das Adobe Lightroom, Deiner Kamera wird in aller Regel auch ein Programm des Herstellers zu diesem Zweck beiliegen. Ich kenne jedoch kaum Leute, die damit arbeiten. Lightroom ist quasi der Standard hier, genau so wie Microsoft Word für Texte.

RAW-Dateien sind grundsätzlich nicht anschaubar, da nur eine riesige Zahlenkolonne. Über einen sog. RAW-Konverter werden sie erst am Bildschirm sichtbar und bearbeitbar dargestellt. Beim Mac ist das alles schon an Bord, bei Windows bedarf es da eines Zusatzprogramms. Mangels Win-Rechner in meinem Besitz und Kenntnisse über das dort verwendete Betriebssystem muss ich hier jetzt leider mit weiteren Erklärungen passen.

Adobe Lightroom hat einen eingebauten RAW-Konverter, der das Bild im Programm nun bearbeitbar darstellt. Man kann viele Regler hin- und herschieben, Belichtung und Kontrast ändern und an den Farben herumspielen. Dabei geht es hier zunächst gar nicht.

Um das Bild in Lightroom darzustellen, bedarf es eines Profils für die entsprechende Kamera, da jeder Sensor, einfach gesagt, Licht und Farben anders interpretiert. Adobe tut sich jedoch , sagen wir es mal höflich, schwer, Profile unterschiedlicher Kamerahersteller zu implementieren. Canon-Benutzer können seit 2018 ein Lied davon singen. Standardmäßig wählt Lightroom bei der Bearbeitung das Profil „Adobe Farbe“ aus – ein generelles, nicht-lineares Profil von Adobe.

Das Problem ist, dass in diesem Profil schon Bearbeitungen „eingebaut“ sind, die das Bild auf den ersten Blick gefälliger machen; sie haben viel Kontrast und gesättigte Farben. Das ist jedoch nicht jedermanns Sache, insbesondere, da die Regler in Lightroom, auf diesem Profil aufbauen.

Zur Verdeutlichung hier zwei Tonwertkurven, links das lineare Profil, rechts das nicht-lineare Profil. Der linke untere Bereich stellt die Farbe schwarz dar, der rechte obere Bereich die Farbe weiß.

Lineare Tonwertkurve
Nicht-lineare Tonwertkurve

Wünschenswerter ist natürlich ein Profil, dass keinerlei Bearbeitungen an Kontrast und Tonwert der Aufnahmen enthält. Was tut man nun, wenn man kein lineares Profil des Kameraherstellers vorliegen hat. Brauchen ist nicht haben …

Auch hier gibt es zwei Möglichkeiten. Die einfache Methode ist, sich ein entsprechendes Profil zu besorgen. Es gibt ein Linear Profile Repository, aus dem man sich zu fast allen gängigen Kameras lineare Profile herunterladen kann. Wie man diese in Lightroom/Camera RAW installiert, wird in folgendem Video erklärt:

Die zweite, etwas unkomfortablere, aber ergiebigere Möglichkeit ist, sich selbst ein lineares Profil zu erstellen. Dazu muss man sich bei Abobe den DNG-Editor herunterladen. Dort lädt man eine RAW-Datei der betreffenden Kamera ein und erstellt ein lineares Profil. Wie das genau funktioniert und was es zu beachten gilt, erklärt dieses Video:

Die erste Verwendung eines linearen Profils mag zunächst etwas ernüchternd sein; unten siehst Du einen Bildvergleich – rechts das Adobe Farbe-Profil und rechts das lineare Profil, beides zunächst mit automatischen Einstellungen. Im Bild darunter (auch das Titelbild dieses Beitrages) siehst Du ein lineares Profil, was mit den Reglern in Lightroom in Richtung eines Kodak Ektar 100 bearbeitet wurde. Dieser Film eignet sich besonders für Landschaftsaufnahmen.

links Abobe Farbe-Profil / rechts lineares Profil

Die Unterschiede scheinen auf den ersten Blick marginal zu sein, jedoch lassen sich die Regler in Lightroom wesentlich nuancierter und effektiver einsetzten, da sie in diesem Falle nicht „gegen“ ein Profil arbeiten müssen, das von Haus aus in den Tiefen sehr kontrastreich ist, in den hellen Bereichen jedoch kontrastärmer ist..

Mit einem linearen Profil sehen die Bilder am Monitor zunächst sehr ungewohnt, kontrastarm, bzw. flau aus. Beim Adobe-eigenen Profil sieht das zunächst etwas gefälliger aus, da in diesem Profil, wie bereits weiter oben erwähnt, Bearbeitungen enthalten sind. Das mag gefallen oder auch nicht.

Durch die Anwendung eines linearen Profils kann man nun sämtliche Pixel der Rohdatei von Grund auf bearbeiten. Ein lineares Profil erlaubt es dem Fotografen somit, eine Stufe weiter zurück in der freien Bildgestaltung zu gehen.

Der wichtigste Vorteil eines linearen Profils ist jedoch, dass nun alle weiteren Änderungen an Schiebereglern den maximalen Bereich umfassen und nicht den durch das Adobe Farbe-Profil stark eingeschränkten Bereich aufweisen.

Die Installation eines linearen Profils ist zwar mit etwas Aufwand verbunden, dieser entschädigt jedoch mit einer besseren Bildqualität und vollständiger Kontrolle über das Foto.


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