OS X „El Capitan“
Am 30.September 2015 war es endlich soweit: Apple hat Version 12 des Betriebssystems OS X veröffentlicht; Codename „El Capitan“. Die Vorfreude war groß, wurde es doch von vielen Betatestern als Turbo für ein langsame OS X „Yosemite“ angebpriesen.
Die Neuerungen halten sich in Grenzen, Veränderungen fanden fast ausschließlich unter der Haube statt. Diese jetzt aufzuzählen, spare ich mir, wer die noch nicht kennt, der googlet mal schnell oder klickt im Finder -> Hilfe -> Neues in OS X.
Ende September, also kurz vor dem Erscheinen von „El Capitan“ flogen dann die Hiobsbotschaften in mein Email-Postfach.
Die Software von Native Instruments funktioniert nicht unter Logic und Steinberg’s Cubase wurde erst gar nicht für „El Capitan“ freigegeben. Ebenso äußerte sich der französische Hersteller für Softwareinstrumente, die Firma Arturia.
Da fragt man sich allen Ernstes, was diese Firmen während der fast viermonatigen Testphase getestet haben. Verstehen könnte man es, wenn es sich um Freeware handeln würden, aber das KOMPLETE-Paket von Native Instruments kostet immernhin knapp stolze 1.000 Euro und nicht wenige Leute schwören immer noch auf den Mac als Audio-Workstation. Da kann einem wirklich jeglicher Sinn für Humor abgehen.
Immerhin gibt es im Internet entsprechende Kniffe, wie es dann doch funktioniert. Dazu später mehr.
Schaut man sich im App-Store und im Internet entsprechende Berichte an, kommen noch mehr Hiobsbotschaften. Von abgebrochenen Installationen bis zum völligen Versagen ist hier teilweise die Rede. Das Verasgen äußert sich bei manchen Benutzern darin, dass der Mac mit „El Capitan“ nach einem Neustart nicht wieder hochfährt. Abhilfe schafft hier nur ein Backup aus der Time Machine, was einen wieder bei OS X „Yosemite“ landen läßt. Bravo!
Andererseits gibt es überwiegend positive Reaktionen, vor allem was die Geschwindigkeit und Stabilität des Systems anbelangt.
Den Mutigen gehört die Welt, also drückte ich am Samstag Nachmittag im App Store einfach mal auf aktualisieren.
Der iMac war nun für den Rest des Tages beschäftigt. Der Download des ca. 6 GB großen Installationspaketes zog sich wie Wagner’s „Ring der Nibelungen“. Nach zweieinhalb Stunden war der Rechner dann soweit und verlangte nach einem Neustart, um „El Capitan“ zu installieren. Ich gab grünes Licht und der iMac startete neu.
Der Installationsbildschirm sieht nun etwas ander aus. Der graue Apfel erscheint und darunter weist ein Balken darauf hin, wie lange die Installation noch dauert. Erst einmal tat sich minutenlang überhaupt nichts, was mich schon Böses erahnen ließ. Dann tauchte der Balken auf und meinte, in 30 Minuten wäre „El Capitan“ bereit zum Auslaufen. Aus den 30 Minuten wurden nach einer halben Stunde dann 47 Minuten und nach einer Stunde sind wir erst einmal auf eine Geburtstagsparty gegangen.
Gegen 00:30 Uhr waren wir wieder zu Hause und mein iMac präsentierte den Log-In Screen, auf dem schon „El Capitan“ in seiner ganzen Pracht durchschimmerte. OK, das war schon mal der erste Schritt – die Installation hat also geklappt.
Beim ersten Durchprobieren hat alles funktioniert, lediglich Mail brach bei dem Versuch ab, die Datenbank zu migrieren. Ein erneuter Start des Programms startete einen neuen Versuch, der von Erfolg gekrönt war. Lediglich sämtliche Passwörter für die diversen Postfächer mussten neu eingegeben werden. Wenn das alle ist, ist es ok.
Am Sonntag Morgen kam dann der „Elchtest“. Rechner ausschalten und neu starten und schauen, ob sich o.g. Problem bei meinem iMac auch zeigt. Schließlich ist dieser bereits 4 Jahre alt und sämtliche Betriebssystem-Updates wurden einfach gnadenlos auf die bestehende Installation (OS X „Lion“) „drübergebügelt“. Kein „Clean-Install“, kein gar nix.
Der Start von einen mechanischen Festplatte dauert beim Mac immer seine Zeit, so auch hier. Nach einer kurzen Zigarettenlänge war der iMac jedoch wieder da, wo ich ihn vor ein paar Minuten ausgeschaltet habe.
Wunderbar. Alles ist gut.
Spielt man ein wenig mit dem Rechner herum und ruft ein paar Programme auf gelangt man schnell zu der Überzeugung, dass man hier vor einem neuen Rechner sitzt. Wie gesagt, der iMac ist 4 Jahre alt und mit seinen 2,7 GHz bestimmt nicht der schnellste. Was sich hier jedoch an Performance offenbarte, habe ich bis dato bei noch keinem Update erlebt. Flott, zügig, alles ohne Ruckeln. Vom Allerfeinsten! Respekt, Apple. Es muß nicht immer das letzte Gimmick mit den neuesten Killer-Features sein. Zuweilen hilft es auch, dem System einfach ein wenig Beine zu machen. Die Überlegung, einen neuen Mac zu kaufen, werde ich wohl erst einmal auf Eis legen, solange diese Performance anhält.
Natürlich wollte ich nun wissen, ob sich meine Sammlung von Native Instruments-Synthesizer und Effekten unter „El Capitan“ wieder an den Start bringen läßt.
Im Audio-Programm „Logic Pro X“ werden alle Plug-Ins mit einem sog. Plug-In Manager geprüft. Prompt veragten auch alle Native Instruments-Plug-Ins ihren Dienst. War auch nicht anders zu erwarten.
Es gibt jedoch eine Lösung. Der Überltäter sitzt tief im System und heißt „auvaltool“, zu finden im Verzeichnis „usr/bin“.
Bevor man auf „El Capitan“ aktualisiert, sollte man sich aus dem alten System eine Kopie dieses Progrämmchens sichern. Dazu geht man in den Finder und klickt in der Menüleiste auf „Gehe zu“ und dann auf „Gehe zum Ordner“, Tastenjunkies drücken alternativ Umschlag-CMD-G. Anschließend gibt man in dem Dialogfeld „usr/bin“ (ohne Anführungszeichen) ein und gelangt zu dem gewünschten Ordner. Ich habe mir einfach das „auvaltool“ auf den Desktop gezogen.
Anschließend startet man den Mac im Recovery-Modus. Nach dem Einschalten wird dazu einfach die Tastenkombination CMD+R gedrückt. Der Mac startet nun im Wiederherstellungsmodus. Ist dieser geladen, ruft man über die Menuleiste das Terminal ein und gibt folgenden Befehl ein:
csrutil disable
Dieser Befehl schaltet die „System Inegrity Protection“ aus. Danach startet man den Rechner neu.
Anschließend wird das vom alten System kopierte „auvaltool“ in den o.g. Ordern „/usr/bin“ kopiert. Sicherheitshalber sollte man sich das neue „auvaltool“ aus „El Capitan“ auf irgendwo hinkopieren, damit man im Zweifelsfall wieder dran kommt.
Abschließend sollte man die „System Inegrity Protection“ tunlichst wieder einschalten. Dazu startet man wieder im Recovery Modus, ruft das Terminal auf und gibt folgenden Befehl ein:
csrutil enable
Nach einem Neustart ruft man dann Logic auf und validiert einfach die zuvor abgelehnten Plug-Ins. Idealerweise funktioniert das auch mit Plug-Ins der Firma Arturia, die, wie oben erwähnt, auch davon abrieten, auf „El Capitan“ zu aktualisieren.
Das ist zwar jetzt alles ein ganzes Stück Windows-Like (Basteln IM Rechner anstatt AM Rechner zu arbeiten, wie Mac-Benutzer es gewohnt sind) – es führt aber letztendlich zum Erfolg. Vielleicht gibt es von Apple beim nächsten Update eine Korrektur des „auvaltool“, damit man sich nicht immer einer solchen Bastelei hingeben muss.
Das bin ich, seit ich den Mac benutze, nämlich überhaupt nicht mehr gewohnt.
Nach diesem Installationsmarathon war nun unser MacBook Pro Retina 13 Zoll an der Reihe, immerhin auch schon 2 Jahre alt. Um auf Nummer Sicher zugehen, lief bereits am Samstag auf dem kleinen Kistchen ein Time Machine Backup.
Der Download auf dem MacBook ging gefühlt doppelt so schnell und die Installation ebenfalls. Auch hier gab es keine Probleme, selbst Mail zeckte nicht herum, fuhr sofort hoch und hatte alle benötigten Email-Konten am Start.
Da das MacBook über eine SSD-Platte verfügt, ist hier der gefühlte Geschwindigkeitszuwachs natürlich nicht so groß wie bei einem Rechner mit mechanischer Festplatte. Das MacBook ist und bleibt einfach pfeilschnell!
Alles in allem ist „El Capitan“, soweit ich es nach ein paar Stunden beurteilen kann, das bisher gelungenste Update auf unseren Macs. Auch wenn man beispielsweise von „Snow Leopard“ auf den Kapitän aktualisiert, wird sich jeder unmeittelbar zurechtfinden und mit dem Mac arbeiten können. Das ist leider, wie ich selbst erfahren musste, bei Windows komplett anders. Wenn man von XP nach Windows 10 aktualisiert, dann trifft einen erst einmal der Schlag und man wird sich vermutlich überhaupt nicht mehr zurechtfinden. Fairerweise muss man aber sagen, dass Windows 10 meinen 5 Jahre alten Rechner ebenso befeuert, wie der Kapitän meinen Mac.
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