Share

Danke für die Musik, Rick Davies

Am 6.September 2025 ist der Gründer der legendären Band Supertramp im Alter von 81 Jahren in seinem Haus in Long Island verstorben. Eine ausführliche Biografie über Rick Davies und Supertramp möchte ich mir an dieser Stelle sparen, das Internet bietet hier reichhaltige Ressourcen. Rick Davies und seine Band Supertramp sind bis heute ein wichtiger Bestandteil meines Lebens. Ich möchte Dir hier erzählen, wie es dazu gekommen ist und einfach nur Danke sagen an einen Musiker, der mich seit frühester Jugend bis heute begleitet hat.

Mit Rick Davies ist leider endgültig ein Teil meiner Jugend abgeschlossen; ein immerwährender Wunsch auf eine Reunion meiner Lieblingsband mit dem ehemaligen Sänger, Gitarristen und Keyboarder Roger Hodgson ist und bleibt somit unerfüllt.

Supertramp ist seit 1980 eine meiner Lieblingsbands. Ihre Songs begleiten mich über 45 Jahre und helfen mir in so ziemlich jeder Lebenslage. Jedoch war es ein weiter Weg, den Supertramp bei mir hatten, um zur Lieblingsband zu werden.

Im Jahr 1979 bekamen wir einen neuen Mitschüler aus Düsseldorf in unsere Klasse – wir wurden schnell Freunde (und sind es bis heute noch!). In dieser Zeit war ich öfter bei ihm zu Hause und er hatte eine eigene Stereo-Anlage und sogar ein Tonbandgerät! Im Jahr 1980 holte er ein Doppel-Album hervor, dessen Cover eine knallbunte Zeichnung des Eiffel-Turms auf lila Hintergrund war und den schlichten Namen der betreffenden Stadt trug – Paris. Es war ein Live-Album einer Band, die ich bis dato nicht kannte. Es lief rauf und runter, von rechts nach links, von oben bis unten. Und ich konnte nichts damit anfangen! Im Innencover war die Band auf dem Weg zur Bühne abgebildet. Allesamt mit langen Haaren und mit Bärten. John Helliwell, der Saxophonist, trug ein buntes Jacket, das zwei Nummern zu groß war und an Peter Frankenfeld erinnerte. Roger Hodgson sah mit seinen weißen Klamotten aus wie ein Späthippie. Schlagzeuger Bob Siebenberg mit Zigarette sah aus, als ob er auf dem Weg in eine Kneipe war und Bassist Dougie Thompson erinnerte mich irgendwie an Poppeye, den Seemann ohne Furcht und Tadel. Rick Davies, mit weißem Hemd und schwarzer Jacke sah, bis auf die langen Haare, am normalsten aus.

Die Musik konnte ich anfangs nicht richtig einordnen. Ein merkwürdiges, hölzern klingendes elektrisches Klavier gab es da (das Wurlitzer A200-Piano). Die Gitarren, wenn vorhanden, spielten eher im Hintergund oder bisweilen ein Solo. Und da war noch John Helliwells Saxophon – war das jetzt Jazz? Richtige Ohrwürmer konnte ich auch nicht ausmachen und der Chorgesang klang zuweilen so kreischend wie die Beach Boys. Ich ließ das alles über Monate hinweg über mich ergehen. Mehr aus Höflichkeit nahm ich eine kopierte Kassette meines Freundes von Breakfast In America mit nach Hause.

Ein paar Wochen später, es war ein lauer Sommerabend, soweit ich mich erinnere, warf ich diese Kassette in den Rekorder und spielte sie ab. Der Sound war bei weitem nicht so roh, sondern viel „polierter“, wie viele Alben Ende der 70er Jahre. Schon der Eingangssong, Gone Hollywood, vorgetragen von Rick Davies ließ mich dann doch etwas staunen. Die Atmosphäre dieses Stückes ließ mich damals wirklich mitten in (einem bis dato imaginären) Hollywood stehen. So musste es sich anfühlen, wenn man den sagenumwobenen Sunset Boulevard herunterfährt (was sich knapp 25 Jahre bestätigen sollte). Das Album hatte mich gefangen. Es gab rockige Stücke, Balladen, ein wenig Jazz und mit Child Of Vision wohl eines der herausragendsten Piano-Solos der Rockgeschichte (den Gerüchten nach von Rick Davies in einem Take aufgenommen). Dieses Album stellte ich mir als junger Teenager als idealen Soundtrack zu eine imaginären Reise durch Kalifornien vor.

Da ich zu dieser Zeit anfing, Keyboard zu spielen, faszinierte mich zunächst der Einsatz dieser Instrumente bei Supertramp. Als ich mir ein paar Noten davon besorgte, stellte ich fest, wie komplex die Musik war, insbesondere die rhythmischen Pianofiguren sowohl auf dem Flügel als auch auf dem Wurlitzer A200 E-Piano. Auch die Harmonien waren sehr komplex, ich lernte Akkorde kennen, von denen ich gar nicht wußte, das sie existieren.

Anfang 1982 sparte ich mein gesamtes Taschengeld, um mir für sagenhafte DM 24,95 das Live-Album Paris zu kaufen. Es lief von nun an bei mir ebenfalls rauf und runter, von links nach rechts und von oben nach unten. Ich besitze es heute noch. Beeindruckend ist neben der Musik die immer noch herausragende Klangqualität, an die weder die CD noch High Quality Streaming heranreichen.

1983 erschien dann das für mich lang erwartete, neue Album Famous Last Words – ein merkwürdiger Titel. Es lief ebenfalls rauf und runter, von links nach rechts und von oben nach unten, wobei die Hit-Single It‘s Raining Again“ für mich das schwächste Stück des Albums war. Herausragend war für mich Rock Davies’ Abgesang auf die aktuelle Musik, Waiting So Long, mit einem epischen, an Pink Floyd erinnernden Gitarrensolo. Kurz nach Veröffentlichung des Albums wurde bekannt, dass Roger Hodgson die Band nach einer ausgedehnten Abschiedstournee verlassen wird. Eine Welt brach für mich zusammen, meine bis dato erste und einzige Lieblingsband sollte aufhören, in ihrer momentanen Form zu existieren, wenn gleich Rick Davies bekannt gab, dass es Supertramp weiterhin geben würde. Ich wäre liebend gerne am 17. Juni 1983 beim Abschiedskonzert in Köln dabei gewesen. An diesem Tag feierte meine Patentante jedoch ihren 60.Geburtstag – Family First!

Im Jahr 1984 wurde jedoch ein Konzert in München im ZDF ausgestrahlt – mit einem Kassettenrekorder und Überspielkabel konnte ich es für die Ewigkeit aufbewahren.

Supertramp in der klassischen Besetzung war immer der Gegensatz der beiden Songschreiber Rick Davies und Roger Hodgson. Hodgson schrieb die melodiöseren, charttauglicheren Stücke, Davies die insgesamt rockigeren Stücke mit einer Portion Rhythm `n Blues und Jazz-Einflüssen. Genial illuminiert wurden die Stücke von Saxophonist John Helliwell und rhythmisch leichtfüßig zusammen gehalten von Dougie Thompson am Bass und Bob Siebenberg an den Drums.

Im Gedächtnis vieler war und ist Roger Hodgson der prägende Kopf der Band, gehen doch die meisten Hits der Band auf sein Konto. Rick Davies hat die Band jedoch gegründet, geformt und entwickelt. Sein stakkatohaftes Spiel auf dem Wurlitzer E-Piano ist charakteristisch für den Sound der Band. Insbesondere die Alben nach 1983 und ohne Roger Hodgson zeigen die enorme stilistische Vielfalt von Rick Davies, auf den „Famous Last Words“ folgenden Alben gab es vom Prog-Rock über Pop im Stile der späten 80er Jahre bis hin zum Blues-Rock mit Jazz-Einflüssen so ziemlich alles, was man sich vorstellen kann. Leider blieben Rick Davies und Supertramp der Erfolg der späten 70er und frühen 80er Jahre verwehrt.

Was ist im Laufe der Jahre aus meinem Freund und mir geworden? Wir sind immer noch befreundet, obwohl sich unser Leben unterschiedlich entwickelt hat; wir sehen uns nicht mehr so oft wie früher. Wenn heute einer von uns ein Supertramp-Song zitiert, weiß der andere automatisch ein weiters Zitat hinzuzufügen. Als ich ihm vom Tode Rick Davies berichtete, war er ebenso erschüttert wie ich. Die Songs, Melodien und Texte sind immer noch unser Kompass.

Yes, the good old days- but, there’s no more time, reminiscences are shattered by the roar of 8,000 voices, the lights are down, the blue curtain begins its move as Rick puts the harmonica to his lips – Bon Soir Paris !

Dave Margereson, Text zu Paris, 1980

Auf Wiedersehen, Rick Davies, „Goodbye Stranger“, ruhe in Frieden!

Goodbye Stranger, Paris, 1979

Entdecke mehr von Casual Conversations

Melde dich für ein Abonnement an, um die neuesten Beiträge per E-Mail zu erhalten.