Meine Lieblingsalben

Es gab Zeiten, da wurde Musik noch auf sogenannten Alben veröffentlicht. Das konnten Schallplatten oder CDs sein. Heutzutage konzentriert sich fast alles nur noch auf Playlisten, sie es bei Spotify oder Apple Music. Das kann Fluch und Segen gleichzeitig sein. Gab es früher Alben von Musikern, die gerade furchtbar „in“ waren, so fand man erstaunlicherweise dort viel „Füllmaterial“ und man stellte sich die Frage: Hätte eine Maxi-Single da nicht vollkommen ausgereicht?
Die Playlist hat demgegenüber den Vorteil, dass ich mir alles da hinein klicken kann, was mir wirklich gefällt.
Alben, die mir gefallen, die kein Füllmaterial enthalten und die für sich genommen eine eigene Playlist sind, findest Du hier:

Behaviour / Pet Shop Boys
Die Pet Shop Boys warne Ende der 80er Jahre die Stars ihrer Zeit und haben mit ihrem Album „Introspective“ den Dancefloor erobert.
Unzufrieden mit den damaligen digitalen Aufnahmemöglichkeiten besonnten sie sich auf analoges Equipment und heuerten den deutschen Harold Faltermayer als Produzenten an.
Waren die Vorgänger sehr Tanzbar, so Zug auf „Behaviour“ die Melancholie und der Schwermut ein.
„Being Boring“ und das wunderbar elegische Video verbinden die britische Empfindsamkeit von Evelyn Waugh, Oscar Wilde und Christopher Isherwood mit Hollywood-Gefühligkeit und dem ganz großen Gefühl der Nostalgie: verpasste Chancen, verlorene Hoffungen, vergangene Schwüre, vergilbte Briefe, Memorabilia im Karton.
Auf weiteren Stücken ist Johnny Marr von The Smith zu hören und Angelo Badalamenti steuerte einige Orchster-Arrangements hinzu, unter anderem vorgetragen vom Balanescu String Quartet aus Rumänien.
Heute schaue ich auch in einen großen Karton alter Erinnerungen und denke an die beste LP des Jahres 1990. Es ist „Behaviour“, der Nachruf auf ein vergangenes Jahrzehnt, … danach kommt lange, lange nichts.

Berlin / Barclay James Harvest
Am 30.August 1980 hatte die britische Band ihren wohl legendärsten Auftritt. Es war ein kostenloses Konzert auf den Stufen des Berliner Reichstages, welches auch in Bild und Ton aufgenommen wurde.
Da Gitarrist John Lees währen des Konzertes arge Probleme mit seiner Gitarre hatte, wurden nachträglich viele Overdubs hinzugefügt. Das tat der Sache jedoch keinen Abbruch, herausgekommen ist ein Live-Album, das auch heute noch absolut hörenswert ist. Das damals 6 Jahre alte „Child Of The Universe“ avancierte zum Hit, auf sämtlichen damaligen Feten lief das Stück in Dauerschleife, das Licht wurde gedimmt und es wurde eng getanzt. Auch der größte Hit der Bande, „Life Is For Living“ feierte auf diesem Album und bei diesem Konzert seine Premiere.
Ich kenne keinen, der dieses Album zu Anfang der Achtzigerjahre Jahre nicht besessen hat, ich habe es rauf und runter gehört. Auch heute hat es nichts von seiner Faszination eingebüßt. Und wenn John Lees beim finalen „Hymn“ zwischen den Strophen laut „Yeeaaah“ ruft, dann reißt man auch heute noch die Arme hoch – „Valley Deep and the Mountain so high …“

Breakfast In America / Supertramp
Gäbe es ein Album, dass ich mit auf eine einsame Insel nehmen könnte, dann wäre es dieses hier. Erschienen am Geburtstag meiner Mutter, dem 29.März 1979, sind Stücke wie „The Logical Song“, „Breakfast In America“, „Goodbye Stranger“ und „Take The Long Way Home“ Heute immer noch im Radio zu hören. Und jedes Mal erwische ich mich dabei, den Lautstärkeregler hoch zu drehen.
Jeder Song auf diesem Album ist ein Juwel, angefangen von dem hoffnungslosen unterbewerteten „Gone Hollywood“, der das wahnsinnige Können der Band an ihren Instrumenten demonstriert bis hin zu dem gigantischen Rausschmeißer „Child Of Vision“ am Ende des Albums. Das Piano-Solo von Rick Davies am Ende gehört zu den besten, die den Weg auf ein Pop-Album gefunden haben. Dem Vernehmen nach wurde es von Rick in einem Stück und ohne weitere Bearbeitung aufgenommen.
Tontechnisch ist es dank der Produktion von Peter Henderson auch nach fast 50 Jahren immer noch ein Highlight. Jedes Instrument und jede Stimme kommt definiert und in einer unglaublichen Klarheit. Alles wirkt wie aus einem Guß!

Paris / Supertramp
Dieses Album war in den frühen 80er Jahren meine größte Qual. Ein Freund von mir besaß das Album auf Tonband (!) und wenn ich bei ihm war, lief es rauf und runter. Ich konnte überhaupt nichts damit anfangen. Um das Leiden zu steigern, hat er mir das Tonband gar auf Casette überspielt, damit ich es auch mal zu Hause hören kann. Wie schön …!
Irgendwann, als ich die Casette zu Hause alleine hörte, hatte es „Klick“ gemacht. Die Mischung aus Pop und Rock und allem, was es seit den Beatles gab, die Melodien, die instrumentale Dynamik und vor allem der Sound haben es mir angetan. Als ich einmal alleine zu Hause war, schloß ich den Casettenrekorder an die Stereo-Anlage meines Vaters an. Den Klang habe ich bis heute in den Ohren.
Aufgenommen am 29.November 1979 im Zuge der Europatournee der Band sucht der Sound dank des „sechsten Bandmitgliedes“, dem Toningenieur Russel Pope bis heute seinesgleichen. Der Sound ist perfekt und man kann damit heute noch Hi-Fi-Anlagen testen. Für mich ist es bis heute eine der besten Live-LPs, die je veröffentlicht wurden. Die folgenden Live-Alben der Band, sowie die Live Solo-Alben von Roger Hodgson können diesem Werk nicht das Wasser reichen.

Songs In The Attic / Billy Joel
Irgendwann Anfang der 80er Jahre hörte ich von Billy Joel. Er sollte eine Mischung aus Randy Newman und Elton John sein. Aha …
An einem Samstagabend gab es dann im „Rockpalast“ eine Aufzeichnung eines Konzertes von ihm und ich hörte „Goodnight Saigon“. Davon war ich zunächst total ergriffen. Wenig später fand ich in einem Plattenladen dieses Album, leider ohne das oben genannte Stück. Ich kaufte es trotzdem.
Ein Kauf, den ich bis heute nicht bereut habe. Die Stücke dieser Live-LP wurden sowohl in kleinen Clubs und großen Arenen aufgenommen, Billy Joel war in den USA bereits ein Star. Hierzulande wurde er erst mit „Uptown Girl“ bekannt, einem seiner schwächsten Songs.
Auf diesem Album sind keine damals aktuellen Songs vorhanden, sondern Material der ersten Alben, die er Anfang der 80er Jahre mit einer gleichbleibenden Live-Band dem Publikum präsentierte. Ganz gleich, ob im Club oder in einem Stadion, die Stücke haben erheblich mehr Energie als die Studio-Alben, die produktionstechnisch eher weder Fisch noch Fleisch waren. Hier scheinen die Diamanten im rechten Licht!

Tour de France Soundtracks / Kraftwerk
Warum steht jetzt hier dieses Album und nicht Meilensteine wie „Autobahn“ oder „Computerwelt“?
Diese laufen „außer Konkurrenz“, … weil Meilensteine, ohne die es vieles heute nicht gäbe.
Diese Album beschäftigt sich, wie der Titel vermuten läßt, mit dem Radfahren, einer meiner großen Leidenschaften. Es ist Inder Tat ein waschechter „Soundtrack“, den, wenn man ihn beim Radfahren hört, alles andere drum herum in Vergessenheit geraten läßt. Er eignet sich perfekt zu diesem Sport!
Da ich selbst leidenschaftlich gerne Musik mache, analysiere ich gerne die Musik und die Sounds, die verwendet werden. Kann man in den vorangegangenen Alben noch ganz klar Moog-, ARP- und Prophet-Synthesizer als loslache im Klangbild erkennen, so stehe ich hier seit mehr als 20 Jahren komplett auf dem Schlauch. Dabei hört es sich zunächst alles simpel an …
Der Sound und die stringente Konzeption machen dieses Album auch heute noch zu einem echten Highlight.

Hotel California/Eagles
Das 1976 erschienene Album der kalifornischen Band gehört zu den erfolgreichsten Alben der Rockgeschichte.
Auf die Band bin ich seltsamerweise erst Mitte der 80er Jahre gestoßen und das auch nur durch „The Boys Of Summer von Don Henley.
Das Album ist eine Abrechnung mit dem amerikanischen Traum und dem Superstar-Staus der Band zu dieser Zeit. Das Titelstück enthält wohl das Gitarrren-Intro mit dem höchsten Wiedererkennungswert. Es wurde von Don Felder in seinem Haus in Malibu auf Casette aufgenommen. Don Henley und Glenn Frey schrieben dazu die Musik und den Text, der bis heute nichts an Aktualität eingebüßt hat.
„You can check out any time you like, but you can never leave“.
Beim Hören dieses Albums denke ich immer an eine Reise nach Kalifornien im Jahr 2005/2006. Wir wohnten in einem Hotel in Ventura, das dem auf dem Cover nicht unähnlich war. Dort merkt man dann, dass die Sonne immer im Westen untergeht und die Eagles nach wie vor den perfekten Soundtrack dazu liefern. Ein grandioses Stück Musikgeschichte.

Steve McQueen/Prefab Sprout
Zugegeben, das Album wird heute kaum jemand kennen. Ich kann mich selbst kaum erinnern, wann ich es zuerst hörte. Mir gefiel zunächst das mystische und romantische Cover.
Die Musik des Albums spiegelt genau diese Stimmung wieder. „The sweet September rain …“, wie es in „When Love Breaks Down“ heißt.
Paddy McAloon, der Mastermind der Gruppe ist für mich einer der größten Songwriter der Neuzeit, neben Paul McCartney und George Gershwin in einer Reihe.
Kongenial wurden diese Songs von Produzent Thomas Dolby in Szene gesetzt. Eingängige Melodien, sehnsuchtsvolle Harmonien, der elfengleiche Gesang von Wendy Smith und das derzeit trendige Fairlight-Geröchel machen dieses Album zu einem Pop-Juwel.
Würde Paddy McAloon diese Songs auf einem Kamm blasen, würden sie immer noch Tränen in die Augen treiben.

De Noche En La Ciudas/Alex Syntek
Wer oder was ist das denn jetzt? Aleks Syntek, … nie gehört!
Ja, kann ich verstehen, … hierzulande kennt den leider niemand. Wie kommt man denn nun dadrauf?
Im Jahr 2002 besuchten wir Freunde in Satéllite in Mexico. Wir fuhren zusammen mit einer Freundin in ein Einkaufszentrum und hörten den Titel-Track dieses Albums im Autoradio, der sofort ins Ohr ging.
Wer ist das, fragte ich. Aleks Syntek, sagte Viola unsere Freundin.
In einem Plattenladen in México City erstanden wir dann die CD, deren Cover im 60er Jahre Stil gehalten war. Musikalisch war hier alles spannende da, was es im Pop in den letzten Jahrzehnten zu holen gab. Von der Vielfalt und der Stimmung erinnert mich das Album an „Breakfast In America“ von Supertramp. Eine schwere Bürde, dem das Album mehr als gerecht wird. Zeitlos schöne Pop-Musik.